Frank Völkl zählt zu den wenigen deutschen Parfümeuren, die seit Jahren wichtige Impulse in allen Segmenten setzen. Er entwickelt Kompositionen für Artistic Brands ebenso wie für Designer- und Celebrity-Marken als auch für den Mass Market. Dr. Bodo Kubartz traf ihn in seinem New Yorker Büro und sprach mit ihm über Arbeitsethos, Identität und wahre Freude.

 

Frank Völkl – Meister der Düfte 2017

 

Fordernd und interessant, so empfindet Frank Völkl die Arbeit für Kunden ganz unterschiedlicher Segmente. „Als Parfümeur muss ich offen sein. Der innovativen Seite der Nische widme ich mich am liebsten. Ich mache aber auch Axe-Düfte. Eine total andere Geschichte: vor allem die Erwartungen der Verbraucher.“ Diese unterschiedlichen Anforderungen kommen jedoch der Kreativität zu Gute. Er lernt aus der  Projektvielfalt: „Jeder gute Duft sollte eine Seele haben. Oftmals ist es eine Kombination von vier, fünf Stoffen. Solche Akkorde kann man dann auch in anderen Segmenten anwenden. Wenn ich für eine Nischen- oder Prestigemarke an einer Ledernote gearbeitet habe und einen interessanten Effekt für ein anderes Projekt suche, kann ich solch ein Modul als Idee nehmen. Natürlich sind die Preisparameter und  Rahmenbedingungen anders. Hier ist wiederum Kreativität gefragt: Was du mal für High-End gemacht hast, musst du nun mit wenigen Mitteln umsetzen. Das geht nicht immer – aber ein Ansatz ist da.“ Auch die Zusammenarbeit mit Kollegen sei spannend und bringe ihn stets weiter. Völkl beschreibt die Arbeit mit Harry Freemont, Senior Perfumer bei Firmenich: „Wir arbeiten gemeinsam an einer Rezeptur, tauschen uns aus, nehmen Modifikationen vor. Wir sitzen sogar zusammen am Bildschirm. Das Schöne: Die Idee zählt. Nicht von wem sie kommt.“ Vertrauensbasierte Arbeit entwickelte sich im Laufe der Zeit: „Das ist eine persönliche Sache. Eine Rezeptur ist etwas Intimes. Sie ist ein Teil von dir. Bei einigen Projekten habe ich Harry direkt ins Boot geholt. Und dies beruht auf Gegenseitigkeit.“

 

Duft-Liebhaber haben häufig eine emotionale Verbindung zu einem Duft. So auch die Erfahrung von Parfümeur Völkl: „Der Trend geht hin zum Tragen eines Duftes, der nicht Schicht, sondern der Teil von einem selbst wird. Eine Duftkomposition mit Identität.“

 

Die Parfumbranche wird mit Neuheiten überflutet; gleichfalls ist der Anteil wahrhaft innovativer Produkte gering. Frank Völkl betont die Vorliebe für Innovation und erläutert am Beispiel von Nomenclature:  „Firmenich hat sehr viel zu bieten was proprietäre Moleküle (sogenannte Captives) betrifft. Die Arbeit unserer Chemiker in Genf ist hochspannend. Was kann geruchlich interessant sein, was ist machbar? Ich war immer jemand, der synthetische Moleküle verteidigt. Karl Bradl und Carlos Quintero kamen auf mich zu: ‚Wir wollen Düfte machen, deren Star Ingredient ein Molekül ist, nicht ein natürli cher Rohstoff.’ Das fand ich sofort toll. Das ist etwas, woran ich selber glaube. Die Idee an sich ist nicht neu – Escentric Molecules ist wahrscheinlich die erste Marke, die sich intensiv damit beschäftigte. Aber das schließt nicht aus, dieses Thema weiter zu entwickeln – etwa mit Captives von Firmenich.“

Ein Faible für gewisse Noten und eine Art Handschrift lassen sich bei einem Parfümeur oft erkennen. Das ist auch bei Frank Völkl der Fall. Sein Metier: Innovation im klassischen Genre der Holznoten: „Hölzer sind eine Domäne, die relativ limitiert ist. Vetiver, Patchouli, Sandel- und Zedernholz – das sind die vier ikonischen Holznoten. Was macht man damit, wie wird man hier kreativ? Ein maßgeblicher Duft im Holzbereich ist Terre d’Hermès. Ein innovativer Duft, mit traditionellen Mitteln gemacht. Die Möglichkeiten, innovativ zu sein, sind im Grunde unendlich.“ Dieser kreative Schwerpunkt ist auch anhand seiner erfolgreichsten Düfte zu sehen. Hier hebt Völkl Santal 33, den Bestseller von Le Labo, hervor: „Die universelle Verbindung zu einem Duft ist ziemlich selten. Doch egal ob junge Frau, 30- oder 70-Jährige, ob Frau oder Mann, es entstehen manchmal emotionale Verbindungen zu einem Duft, bei der alle sagen: Wow, das ist toll, das gefällt mir.“ In dieser emotionalen Verbindung steckt eine andere Deutung von Parfum: „Der Trend geht hin zum Tragen eines Duftes, der Teil von einem selbst wird. Eine Kreation mit Identität. Ein Vergleich: Oft wird Parfum so wie eine Marken-Sonnenbrille getragen. Man offenbart nach außen, was man trägt. Mein Verständnis eines Duftes ist mit Wohlgefühl verbunden. Ich bilde eine Einheit mit dem Duft – und fühle mich so wohler.“

 

Im Nischenbereich ist Frank Völkl für Nomenclature (J.B. Trade), Ulrich Lang New York (Nobilis) und für Le Labo (Estée Lauder) aktiv. „Diese Arbeit ist interessant, da ich keinen Rahmen habe. Die Freiheit genieße ich.“ Im Designerbereich stammen Düfte von Marc Jacobs, Kenneth Cole, Tommy Hilfiger von ihm.

Handel und Verbraucher begeistern

 

Man mag meinen, dass Parfümeure nur für ihre Auftraggeber kreieren. Frank Völkl skizziert jedoch ein Bild, in dem der Verbraucher letztlich zentral ist. „Bei einer Vertrauensbeziehung zu Kunden werde ich nach meiner Meinung gefragt. Das Kriterium für den dauerhaften Erfolg eines Projektes? Stimmigkeit, Kohärenz. Verständlichkeit. Jemand sieht und riecht ein Parfum und sagt ‚I get it.’ Hochkomplizierte  Duftbeschreibungen lassen Parfums schnell zu komplex und unverständlich werden.“ Der Parfümeur sieht auch Distribution und Handel in der Pflicht: „Man muss sehen, dass man neue Möglichkeiten findet, Düfte zu vermarkten. Da gibt es noch einiges zu tun.“ Letztlich ist der Antriebsstoff für fortwährende Kreativität die Resonanz am Markt: „Als Parfümeur zählt, wenn ich Menschen Freude machen kann. Das ist persönlich für mich die größte Genugtuung. In der Duftbranche ist letztendlich eine kommerzielle Intention dahinter. Es geht aber auch darum, Gutes zu tun und das Wohlbefinden des Menschen zu steigern. Das ist das, was unseren Beruf nützlich macht: Balsam für die Seele der Menschen kreieren.“